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1. Definition und Auswirkungen |
2. Entstehung |
3. Tubus-Seeing |
4. Verringerung von Seeing-Unschärfen |
Unter Seeing versteht man die Luftunruhe, die man mit bloßem Auge als das Flimmern der Sterne wahrnimmt. Je stärker die Sterne flimmern, desto schlechter ist das Seeing.
Das Seeing wirkt sich negativ auf die Auflösung und Schärfe von visuellen Beobachtungen und Astrofotos aus, indem bei schlechtem Seeing feine Details an Sonne, Mond und Planeten verschmiert werden. Folglich wird auch die maximal sinnvolle Vergrößerung durch das Seeing mitbestimmt: Je schlechter das Seeing ist, umso schwächer kann vergrößert werden. In Nächten mit schlechtem Seeing kann es daher völlig unmöglich sein, visuell und fotografisch scharfe Bilder zu erhalten. Dies trifft jedoch nur auf fein strukturierte Objekte wie Sonne, Mond, Planeten und Doppelsterne zu.
Große Teleskope ab etwa 50 Zentimeter Öffnung können aufgrund des Seeings auch unter sehr guten Bedingungen zwar in Bezug auf das Lichtsammelvermögen, nicht jedoch in Bezug auf die Auflösung voll ausgenutzt werden. Letzteres ist nur möglich, wenn man ausgeklügelte Profi-Techniken, nämlich die adaptive Optik, anwendet. Kann eine Optik nicht ihr theoretisches Leistungsvermögen entfalten, da das Seeing hierfür keine ausreichende Qualität hat, spricht man von seeingbegrenzten Teleskopen bzw. Beobachtungen.
Ursache des Seeings sind Dichteunterschide in der Luft, die durch Temperaturunterschiede hervorgerufen werden. Warme Luft hat eine geringere Dichte als kalte. Aufgrund der Dichteunterschiede wird das Licht beim Durchgang durch diese Luftmassen unterschiedlich stark gebrochen, und es entsteht das Seeing.
Die Temperaturdifferenzen bewirken zusätzlich eine Bewegung der Luftmassen. Warme Luft steigt nach oben, kalte Luft sinkt ab. Es bilden sich also Konvektionen, die mit kochendem Wasser in einem Topf vergleichbar sind. Der Effekt lässt sich in einem kleineren Maßstab direkt an dem Luftflimmern über einem Lagerfeuer beobachten. Das turbulente Aufsteigen der warmen Luft ist beobachtbar, dahinter liegende Gegenstände werden durch die sich permanent ändernden Lichtbrechungen flimmernd wieder gegeben.
Diese Luftturbulenzen sind jedoch nicht auf bodennahe Luftschichten beschränkt. Sie treten ebenfalls zwischen höher gelegenen Luftschichten auf. Selbst auf hohen Bergen, auf denen sich professionelle Observatorien befinden, gibt es das Seeing. Hier fällt es jedoch wesentlich geringer aus als auf dem Land oder in Mittelgebirgen.
Ein spezielles Problem stellt das Tubus-Seeing innerhalb des Teleskoptubus dar, das auf der Thermik des Teleskop-Tubus basiert:
Diese Thermik basiert auf der erwärmten Luft, die sich im Tubus befindet und nach dem Transport aus einer warmen (Wohnung, Fahrzeug, Transportkoffer etc.) in eine kältere Umgebung allmählich der Außentemperatur anpasst. Nun möchte die sich innerhalb des Tubus befindliche warme Luft aufsteigen und tut dies zunächst auch, bis sie an die obere Wand des Fernrohres stößt. Dann kühlt sie wieder ab und sinkt nach unten. Diese Turbulenz überlagert sich mit der allgemeinen Aufwärtsbewegung der warmen Luft, die sich zum oberen Tubusende verstärkt.
Die zweite Ursache liegt in der Wärme, die von den abkühlenden Linsen oder Spiegeln an die Umgebung (Objektiv) bzw. in den Tubus (Spiegel) abgegeben wird. Sie verursacht Luftturbulenzen und Dichteunterschiede der Luft im Tubus bzw. unmittelbar an der Objektivlinse oder Korrektorplatte: Die warme Luft vom Spiegel steigt nach oben und stößt an die kalte Tubuswand. Dort kühlt sich die Luft ab und sinkt nach unten. Refraktorobjektive sind hier weniger kritisch, da die von ihnen abgegebene Wärme direkt unter dem Objektiv im Tubus zu liegen kommt bzw. an die Umgebung abgegeben wird.
Bei diesen Prozessen bilden sich innerhalb des Tubus die gleichen Dichteunterschiede zwischen wärmeren und kälteren Luftmassen wie in der Atmosphäre mit entsprechend schwankender Lichtwellen-Abbremsung und Lichtbrechung aus. In Kombination mit der Konvektionsbewegung entsteht das flimmernde Tubus-Seeing. Bildlich gesprochen hat das Tubusinnere sein eigenes Klima.
Dieses fernrohrinterne Klima hat fatale Auswirkungen auf die Abbildungsleistung selbst bei extremer Luftruhe. Lediglich bei Gitterrohr-Fernrohrtuben tritt Tubus-Seeing nicht auf, da kein Tubus existiert, in dem Dichteunterschiede der Luft entstehen können. Die Abbildungsqualität wird dennoch beeinträchtigt, wenn sich die Spiegel aufgrund des Temperaturunterschiedes abkühlen und die wärmere vom Spiegel abgegebene Luft aufsteigt.
Man kann das Seeing niemals komplett ausschalten, aber es gibt einige Verhaltensregeln, die es verringern:
Lassen Sie das Teleskop mindestens 30 bis 45 Minuten auskühlen, bevor Sie mit Beobachtungen beginnen. Das reduziert das Tubus-Seeing.
Vermeiden Sie die unmittelbare Nähe zu Häusern, Laternen oder ähnlichen Wärmequellen wie Straßen. Von ihnen geht ein ständiger, aufwärts steigender Warmluftstrom aus, der unnötige Seeing-Quellen verursacht. Wärmequellen wie Häuser und Straßen oder im größeren Maßstab Dörfer sollten sich idealerweise hinter dem Beobachter befinden, keinesfalls jedoch zwischen Beobachter und Zielobjekt.
Bereits kleine Anhöhen verbessern das Seeing je nach Wetterlage mitunter merklich. Die bodennahen Wärmequellen lassen sich auf diese Weise umgehen. Das gilt auch für Beobachtungen aus Ballungsgebieten heraus.
In der Nähe von Gewässern verschlechtert aufsteigendes, verdunstendes Wasser das Seeing.
Ein dunkler Tubus wird von der Sonne stärker aufgeheizt als ein heller. Bei Sonnenbeobachtungen wirkt sich also die Farbe des Tubus unmittelbar auf die tubusinternen Luftmassen und somit auf die Bildqualität aus. Ein weisser Tubus ist hier im Vorteil.
Ergänzender Artikel: Der richtige Standort