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1. Einleitung |
2. Dunkeladaption des Auges |
3. Das Auge trainieren |
4. Indirektes Sehen |
Visuelle astronomische Beobachtung ist weit mehr, als einen Blick durch ein Okular zu werfen. Es bedarf ein paar Beobachtungstechniken, um wirklich das zu erkennen, was ein Beobachtungsgerät und auch das bloße Auge zu leisten imstande ist.
Dieser Artikel behandelt nur die Beobachtungstechniken, die sich aus den physiologischen Eigenschaften des menschlichen Auges ergeben. Weitere Techniken, zum Beispiel die Wahl von vernünftigen Vergrößerungen und Okularwahl, werden in den jeweiligen Artikeln besprochen.
Die Dunkeladaption des Auges ist Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche astronomische Beobachtung, mit Ausnahme von Mond und Planeten. Durch die Dunkeladaption wird eine Beobachtung schwächster Objekte überhaupt erst möglich. Die Dunkeladaption ist ein Anpassungsprozess des menschlichen Auges:
Die Pupillenöffnung variiert mit der in das Auge einfallenden Lichtmenge. Bei Tageslicht ist sie etwa ein bis zwei Millimeter geöffnet. Kommt man von einem dunklen Raum in volles Tageslicht, ist man zunächst für ein paar Sekunden geblendet. In dieser Zeit verringert sich die Öffnung der Iris, die Pupille wird gewissermaßen abgeblendet, bis eine optimale Lichtmenge in das Auge fällt.
Beim Wechsel von einem hellen Raum in (fast) absolute Dunkelheit tritt der umgekehrte Prozess ein: Die Iris weitet sich bis auf maximal sieben Millimeter, damit das Auge mehr Licht erhält, so dass die Orientierung im Dunkeln leichter fällt. Diese Anpassung an die Dunkelheit dauert jedoch ca. 30 Minuten. Ihnen wird auffallen, dass man in einer mondlosen Nacht innerhalb der ersten halben Stunde immer mehr Sterne erkennt.
Während und nach der Dunkeladaption darf man nicht in die Richtung von hellen Lampen schauen. Dann öffnet sich die Pupille binnen weniger Sekunden, und der Prozess geht von vorne los. Aus diesem Grund werden zur Orientierung bei astronomischen Beobachtungen ausschließlich rote Taschenlampen verwendet. Sie beeinflussen die Dunkeladaption nicht, solange sie nicht blenden.
Das Auge muss für "astronomisches Sehen" trainiert werden. Bei einem ersten, flüchtigen Blick durch ein Teleskop werden Sie nur einen Bruchteil der Einzelheiten erkennen, die bei der verwendeten Teleskopöffnung und Vergrößerung theoretisch zu sehen werden. Das gilt für Ferngläser und Fernrohre gleichermaßen.
Wir müssen das Auge und unseren visuellen Wahrnehmungssinn im Gehirn also zunächst für seine neue, anspruchsvolle Aufgabe trainieren. Dies geschieht durch regelmäßiges, konzentriertes Beobachten. Um das Auge auf die Erkennung feinster oder schwächster Details zu trainieren, reicht es nicht, einfach nur durch das Okular zu schauen. Man muss stets versuchen, die kleinsten bzw. schwächsten Details bewusst wahrzunehmen. Mit jeder Beobachtungssitzung wird man dann auch mehr erkennen.
Es ist auch hilfreich, wenn man versucht, sich die jeweils schwächsten Details einzuprägen und bei der nächsten Beobachtung wieder zu erkennen oder eine Zeichnung anzufertigen.
Das indirekte Sehen ist eine wichtige Technik bei der Deep Sky-Beobachtung. Sie kommt auch zum Einsatz, wenn man lichtschwache Monde der großen Planeten erkennen möchte.
Bei dieser Methode sucht man sich anhand von Sternmustern die Position des Objekts aus und zentriert es im Okular. Nun schaut man nicht direkt auf die Position des Objekts, sondern knapp daran vorbei. Dann erkennt man es viel deutlicher, und man sieht sogar Objekte, die man beim direkten Blick nicht erkennt.
Diese Technik basiert auf der Tatsache, dass sich die lichtempfindlichsten Zäpfchen der Netzhaut nicht im Bereich des schärfsten Sehens (im Zentrum der Netzhaut), sondern um ihn herum angeordnet sind. Die für Tageslicht benötigten lichtunempfindlicheren Zapfen befinden sich direkt im Bereich des schärfsten Sehens, der beim direkten Blick auf ein Objekt genutzt wird.
Hieraus folgt zwangsläufig, dass beim indirekten Sehen auch ein geringfügiger Schärfeverlust einhergeht. Bei Tageslicht und bei der Beobachtung heller astronomischer Objekte hat das menschliche Auge ein Auflösungsvermögen von etwa einer Bogenminute. Bei Anwendung des indirekten Sehens reduziert sich dieses Auflösungsvermögen auf etwa zwei Bogenminuten.